4 November 2023

Wie geht´s

04.11.2023, Samstag


Ich werde manchmal gefragt, wie es mir geht…

Tja, wie geht es mir…? 


Grundsätzlich gut. Weil das eine grundsätzliche Lebenseinstellung von mir ist. Und meinen Humor habe ich auch noch nicht verloren - und gedenke, ihn noch bis zum Ende zu behalten, wann immer dieses kommen wird. Allerdings eskaliert der Humor manchmal zu Sarkasmus, weil töten illegal ist… Ohne diese positive Lebensweise und den Humor wäre alles völlig anders - oder vielleicht schon vorbei.


Da hätten wir das Ding mit der Dialyse. Das schlaucht. Jeden, der hier liegt. Auch mich. In insgesamt wöchentlich nur maximal 15 Stunden „Nierenarbeit“, also den Körper von allen anfallenden Giftstoffen und überschüssigem Wasser zu befreien, ist halt anstrengender und belastender für den Körper als mit gesunden Nieren, die das in wöchentlich 168 Stunden, also 153 Stunden länger - und somit schonender - bewerkstelligen.

Stell dir vor, du musst mit deinem Auto von München nach Berlin. 585 km, auf der A 9, laut ADAC in 6 Stunden und 6 Minuten. Das wäre eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 100 bis 120 km/h. Darauf ist dein Auto ausgelegt und macht das „mit Links“. Nun hast du es aber eilig. (Ich kenne solche Leute…) Gaspedal bis Anschlag, Tacho konstant bei 210 bis 240. (was bei den vielen Staus wohl nur theoretisch möglich ist…) Dann bist du wesentlich eher dort. Aber erstens brauchst du viel mehr Aufmerksamkeit, das macht dich müde und zweitens wird sich dein Auto früher oder später (vielleicht schon vor Berlin) dafür rächen, dass du es so getreten hast, mit doppeltem bis dreifachem Spritverbrauch, mit erhöhtem Verschleiß von Motor und Reifen. Es braucht öfters Ölwechsel und und und. Als jahrelanger BOSCH-Dienst-Mitarbeiter kann ich ein langes Lied davon singen. Wir bei der Dialyse treten auch das Gaspedal bis Anschlag. Nicht nur manchmal, sondern ununterbrochen. Als jahrelanger Dialyse-Patient kann ich ein langes Lied davon singen.


Und dann werden nicht nur Gift und Wasser entfernt, sondern auch „versehentlich“ ne ganze Menge Proteine, weil manche zu klein sind und mit durch den Filter rutschen. (Deshalb das unbändige Hungergefühl nach den Sitzungen.)


Ja und wenn die Nieren kaputt sind, produzieren sie auch keine Hormone mehr, auf die der Körper angewiesen ist, um gewisse Funktionen ausführen zu können und regulieren auch keine Körperabläufe mehr so richtig. (Ich erkläre es mal einfach.) Die Hormone müssen von außen zugeführt werden. Aber nur in „so ungefährer Menge“. Wer weiß denn außen, was grad innen abgeht und wieviel da grad gebraucht wird? Und oft sind es nur ganz wenige und unscheinbare Dinge, die da fehlen.

Stell dir vor, du arbeitest bei VauWeh oder BehEmmWeh. Warum standen damals die Bänder still? Hatten sie keine Bleche für die Karosserien oder Stahl für die Rahmen? Nein, es waren klitzekleine Microchips, die fehlten und die ganze Produktion war lahmgelegt und kein einziges Fahrzeug konnte mehr ausgeliefert werden.  Uns bei der Dialyse fehlen oft auch nur klitzekleine Hormone oder Mineralien. Ist es da ein Wunder, wenn es öfters hakt und Gefahr läuft, dass es mal plötzlich zum Stillstand kommt? Fließbänder kann man aus dem Stillstand wieder in Gang bringen, einen Dialyse-Patient nicht mehr, nie mehr…


Neben dem überlebensgroßen Bereich der Dialyse gibt es dann ja auch noch das „andere Leben draußen, außerhalb der Klinik“, die restlichen 153 Stunden der Woche. Da läuft auch nicht immer alles so glatt, wie man es gerne hätte. Das geht nicht so spur- und schadlos an einem vorbei. Vieles davon macht dich einfach krank. Ein ständig getretenes Auto hat halt nicht mehr die Leistungsfähigkeit eines gut scheckheft-gepflegten Wagens…


Fassen wir also zusammen: Wie geht es mir? Gut. So gut, wie es mir eben gehen kann. Ich bin zufrieden, ich bin dankbar.



Und mit Ella bin ich sogar ausgesprochen glücklich.


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