26.10.2023, Donnerstag
Schon fünf Jahre…
Ich kannte jemand, der war weit über 40 Jahre an der Nadel. DAS ist „schon“! Dagegen bin ich noch „feucht hinter den Ohren“.
Und doch, fünf Jahre ist auch ne ganze Zeit. Da hat sich so gut wie alles eingespielt, es gibt gewisse Gewohnheiten und Selbstverständlichkeiten, Abläufe haben sich eingespielt, so dass man gar nicht mehr drüber nachdenken muss. Es gibt Dinge, die nicht mehr wegzudenken sind aus dem Alltag, in der Klinik genauso wie draußen in der „anderen Welt“. Dialyse ist zum selbstverständlichen Mittelpunkt des ganzen Lebens geworden, „Ella“ (so heißt meine Dialyse-Maschine Fresenius Medical Care 6oo8) ist Dreh- und Angelpunkt bei allen nur erdenklichen Planungen des Lebensrhythmus.
Und wie viele Menschen habe ich in dieser Zeit auch kommen und gehen sehen! Manche waren nur mal kurz da, quasi auf Besuch, weil sie hier in der Klinik in einer anderen Station lagen und dann hier nur ihre Dialyse machten. Andere waren schon da, als ich kam und die gingen und kamen nie wieder… Schon so oft kam ins Nebenbett oder gegenüber jemand anderes…
Das ist das Leben. Da gehört Sterben eben auch dazu.
Auch manches Personal kam und ging. Jung - Heirat - schwanger - weg. Oder in Rente. Oder auch krank, was besonders traurig ist…
Und die vielen „Helferlein und Helferleininnen“. Die den Kaffee ans Bett bringen. Manchmal in der falschen Tasse, wo der Henkel auf der linken Seite ist und man sie nicht anfassen kann. Ich weiß, das ist gemein, aber ich muss das einfach machen. Bei jedem neuen Helferlein. Mein Schalk lässt anderes nicht zu.
Schon fünf Jahre…
Ist es inzwischen schon Gewohnheit geworden, ohne noch groß drüber nachzudenken? Es ist halt so, man hat sich dran gewöhnt und es wird sich auch nichts mehr dran ändern? Außer, dass die Werte immer schlechter werden und man nur versuchen kann, das ganze Chaos etwas zu hinauszuzögern? Dann zieht man sich in sich zurück - und resigniert?
Oder ist da irgendwo noch Hoffnung? Die dir keiner bestätigen kann und du ganz alleine damit bist?
Wenn du diese Hoffnung noch hast, dann behalte sie für dich, rede mit niemandem darüber, aber halte sie unbedingt ganz fest.
Vielleicht lohnt es sich ja doch.