25.02.2023, Samstag
Du hast eine Heizung daheim. Ein Kessel, etliche Meter Rohrleitungen, verschiedene Heizkörper. Machen wir es mal ganz einfach. Das Ganze ist komplett mit Wasser gefüllt. Es ist ein in sich geschlossenes System, hat also immer dasselbe Volumen und steht unter einem bestimmten Druck. Manchmal ist die Heizung kalt, manchmal warm. Kaltes Wasser hat weniger Volumen als warmes. Das heißt, wenn das Wasser warm wird, dehnt es sich aus und will irgendwohin. Wären jetzt nur Kessel, Rohre und Heizkörper, könnte es passieren, dass bei Erwärmung durch den höheren Druck irgendwo zum Beispiel ein Rohr platzt oder ein Heizkörper undicht wird. Um das zu verhindern, ist ein Ausgleichsgefäß eingebaut, der das „zu viele“ Wasser aufnimmt, wenn der Druck steigt und es wieder abgibt, wenn er sinkt. Das muss so sein, weil sich Metallrohre und -gefäße nicht einfach ausdehnen können. Gummiblasen oder Luftballons können das. Um also einen Schaden an der Heizung zu vermeiden, muss es das Ausgleichsgefäß geben.
Du hast einen Blutkreislauf. Ein Herz, mehr als 100.000 Kilometer Blutgefäße (kein Witz!), verschiedene Organe. Machen wir es mal ganz einfach. Das Ganze ist komplett mit Blut gefüllt. Es ist ein in sich geschlossenes System.
Und nun wird es beim Körper etwas anders und komplizierter als bei der Heizung. Denn bei der füllt man Wasser nur nach, wenn es irgendwo undicht wird und es ausläuft. Im Körper dagegen füllt man ständig nach, weil ja auch ständig was ausgeschieden wird. Normalerweise. Du hast Durst, trinkst, pinkelst, hast wieder Durst (oder auch nicht), trinkst (trotzdem), pinkelst. Wasserzufuhr bedeutet aber wie bei der Heizung mehr Volumen und Druckanstieg. Das Volumen merkst du nicht, höchstens am vollen Magen und an der mehr gespannten Bauchdecke. Den Druckanstieg merkst du schon. Dein Blutdruck steigt. Dadurch werden auch deine 100.000 km Blutgefäße gedehnt, aber das lassen wir heute mal unbeachtet.
Und nun funktionieren deine Nieren (vielleicht heißen die deshalb Nieren, weil sie funktio-nieren?) ähnlich wie das Ausgleichsgefäß: je höher der Blutdruck wird, umso mehr Wasser scheiden sie aus dem System aus. So regeln die Nieren den Wasserhaushalt und den Blutdruck auf ein gesundes Maß. Deine 100.000 km Gefäße werden geschont, dein Herz muss weniger pumpen, deine Organe werden nicht geschädigt, du fühlst dich wohl und gesund. (Dass die Nieren noch etwa ein Dutzend andere Aufgaben erfüllen, lassen wir hier auch unbeachtet.)
Jetzt sind aber deine Nieren kaputt. Sie reagieren nicht mehr richtig auf den Blutdruck und scheiden nicht mehr genug oder gar kein Wasser mehr aus. Das Wasser bleibt im Körper, sammelt sich im Gewebe und im Blut, der Druck steigt, das Volumen auch. Du merkst das, wenn du auf die Waage steigst. Vor dem Trinken 78,8 kg. Dann 250 ml Kaffee, 0,5 l Bier, 330 ml Cola, nochmal 250 ml Kaffee. Dann steigst du auf die Waage und hast 80,1 kg. Bämm! Jetzt kommt „Ella“ ins Spiel. Die filtert anstatt deiner Nieren dieses Wasser aus dir raus, damit du dein Normalgewicht wiederbekommst.
Also ist es für Dialysepatienten immens wichtig, auf ihre Trinkmenge zu achten, damit das System nicht überlastet wird. Soviel die Nieren täglich noch ausscheiden, kannst du trinken, plus etwa 0,5 Liter zusätzlich.
Ich weiß, manchmal hast du Durst wie eine schwangere Bergziege und möchtest es dir eimerweise in dich schütten, egal was, Hauptsache flüssig, aber du „darfst“ nicht! „Grausamkeit“ ist ein anderes Wort dafür.
Kommt ihr noch mit, mit dem was ich versuche zu erklären? Dann betrachten wir noch ein anderes Argument:
Das Essen.
„Wenn ich aber gestern 2 Steaks, 2 Bratwürste, 3 kleine Buletten und 4 Scheiben Toast zu den 2 Liter Bier gegessen habe, dann müsste das doch auch auf der Waage erscheinen! Mindestens 1 Kilo zusätzlich! So toll war das doch heute Morgen auf der Toilette gar nicht!“
Stell dir einen Ofen vor, so einen richtig schönen von früher. Mit Brikett oben rein gefüttert, mit Ofenrohr in den Schornstein, mit dampfendem Teekessel auf der Herdplatte und ganz unten mit Aschekasten.
Es ist kalt und du brauchst am Tag einen ganzen Eimer Brikett, etwa 10 kg. Die Brikett machen schön warm, bringen das Wasser im Teekessel zum Kochen und machen es dir ziemlich gemütlich. Und was bringst du im Aschekasten am nächsten Morgen runter in die Tonne? 10 Kilo? Niemals, höchstens 500 Gramm! Wo sind die Brikett hin? Die haben sich in Energie umgewandelt und es bleibt nur dieser verschwindend kleine Rest Asche (und bissel Ruß im Rohr).
Stell dir deinen Körper vor, so einen richtig schönen von früher... Mit Steaks, Bratwürsten, Buletten und anderen Köstlichkeiten oben rein gefüttert. Und am nächsten Morgen zur Dialyse denkst du, das müsste jetzt alles mit auf der Waage sein. Falsch! Genauso, wie die Brikett verbrannt und in Energie umgewandelt sind, ist auch dein Essen so gut wie „weg“, in Energie umgewandelt - und wo es wieder mal zu viel und zu übertrieben war, halt auch in Bauchspeck-Rollen. (Aber nicht in einer Nacht gleich ´n halbes Kilo Fett! Und Muskelaufbau geht auch wesentlich langsamer!) Nahrung bleibt, je nach Art und Menge, null bis sechs Stunden im Verdauungstrakt, bis es in Energie umgewandelt und „weg“ ist. Und das bisschen „Asche“ auf der Toilette heute Morgen kannst du vernachlässigen.
Genug! Lassen wir es für heute.
Meine 4 „Brikett“ hier sind auch schon gegessen. Heute Nachmittag weiß mein Körper dann schon nichts mehr davon…