01.04.2023, Samstag
Das Taxi kommt jetzt immer pünktlich. Ob ich mich dran gewöhnen soll? Lieber nicht. Ist aber ´n gutes Gefühl, wenn man nicht bis ins Unendliche warten muss.
Mein Leben bestand sowieso immer aus Warten. Schon als kleiner Junge, mit etwa 6 Jahren, musste ich jeden Tag einkaufen gehen. Freitags war Fleischer dran. Da war Liefertag. Wenn du da nicht einkaufen gingst, haste die ganze restliche Woche nix mehr Gescheites bekommen. 10 bis 15 Mütterchen und Omachen vor mir, ich als kleiner (und einziger) Steppke mittendrin. In den Laden haben aber nur 10 Leute reingepasst. Es war entsprechend eng. Oft stand ich noch draußen auf der Straße, damit ich von den runden Unterleibern der Damen nicht erdrückt bzw. erstickt wurde. Ein bis eineinhalb Stunden warten, bis man dran kam, war die Regel. Damals hab ich das Warten bis zum Abwinken geübt. (Ich weiß gar nicht, was da mein Bruder gemacht hat. Ich kann mich nicht erinnern, dass der mal einkaufen war…)
Später ging es dann weiter. Warten, warten, warten. In der Schule bis der Unterricht vorbei war. Bei der NVA, wenn wir auf Wache waren und bis das Bandmaß endlich fertig abgeschnitten war. Mit meiner Emma Enn an den Grenzen, schon kilometerweit vor der Grenze in der LKW-Schlange, beim Zoll dann in der oft 30 Trucker langen Schlange vor dem einzigen offenen von 3 Abfertigungsfenstern, bis sich die Beamten ausgeschlafen hatten und du endlich vom Hof fahren konntest. Warten auf die nächste Bus- oder Zugverbindung auf der Fahrt zum oder vom Garten. Warten auf´s Taxi vor der Dialyse. Warten auf´s Frühstück nach dem Anschließen. Warten, dass erst die fünf Stunden an Ella vergehen, danach warten, dass die 20 Minuten Abdrückzeit endlich vorbei sind. Warten auf´s Taxi, dass du wieder nach Hause kommst. Warten, warten, warten.
Warten auf März 2074. Denn da feier ich meinen 120. Geburtstag! Aber bis dahin werde ich mir die Zeit versüßen und genießen. „Das Leben ist zu kurz für Irgendwann.“ hängt bei mir an der Wand. Wie wahr der Spruch ist! Deshalb genieße ich diese Zeit schon jetzt und heute und hier.
Zum Beispiel mit Ella…