16 November 2022

Back to the Basic

16.11.2022, Mittwoch


Es passierte ganz plötzlich und unerwartet. Beim Schuhe ausziehen fiel es aus der Jackentasche. Mein iPhone. Auf die Treppenstufenkante. Harter Aufschlag. Genickbruch. Es war sofort tot. Hat nur noch ein paar Zuckungen gemacht. Display schwarz. Nicht mehr ansprechbar. Dauertot. 

Der lange Schwanz kam danach…


Man hält es ja nicht für glaubt man kaum, was da plötzlich alles ausfällt. Wenn du an die 90 Apps drauf hast und von Jetzt auf Gleich null noch benutzen kannst, aber mindestens 25 davon bräuchtest, 15 dringend, dann ist das so ungefähr, als müsstest du mit Atmen aufhören. Dann hast du nichts anderes im Kopf, als: Wie kommuniziere ich mit meiner ferneren Umwelt? (Mit meiner Frau kann ich ja so reden.) Wie zeichne ich meine Gesundheitswerte auf und kontrolliere sie? Wer weckt und erinnert mich? Wie erfahre ich, wann Zug und Bus fahren? Und tausend andere Fragen.


Okay, du hast noch alte Handys im Schrank: Nokia und Samsung aus der Gründerzeit, ein iPhone 6, wohl aus dem vorigen Jahrhundert. Ich entscheide mich für das letzte Jahrhundert. Netzteil passt, Kartenslot für Micro, Karte wechseln, laden, starten.

Apple ist da halt Spitze. In der icloud ist alles gespeichert, was wichtig ist, zumindest die vielleicht 25 wichtigsten Parameter und -millimeter. Alles aktuell auf dem 6-er. Kontakte, Mailaccount, Internet-Adressen, Gesundheitsdaten usw. Das hätten wir also erst mal. Die wichtigsten Apps sind auch aus dem App-Store schnell wieder runtergeladen: RMV-Fahrplan, Miku, WhatsApp, Signal, Telegram. Das hätten wir auch. Da das iPhone aber etwa 4 Jahre im Schrank dahinvegetiert hat, war da noch die Version 11.4… drauf und einige Apps haben sich geweigert, sich mit dem zu vereinen. Also noch ´n Update (deutsch: Appdeet) auf die aktuelle. Es passt fast alles. Fast. Das 6-er wehrt sich gegen meine iWatch, will sie einfach nicht erkennen und mit ihr bluutußen. Na gut, dann eben nicht, was nützt es da, sich zu streiten.

Nächster Schritt: ein neues Phone muss her. Apple-Store online. Da ist es: „iPhone 14 Pro“ (Neu! steht drunter.), 256 GB. Laut Apple das Heileiht für Genießer. Die Bestellung ist schnell gemacht, nur die WebID-App will erst nicht so recht, aber schlussendlich ist alles in „trockenen Tüchern“. Okay, die Bestätigungsmails kommen an - und teilen mir mit, dass die Lieferung zwischen 14. und 21. Dezember sein wird. Ups! Tja, die neuen Heileihts locken auch Andere in den Apple-Shop. Wer zuerst kommt, kriegt zuerst. Ich krieg halt später. Kannste machen nix, musste gucken zu und warten ab. Zu und ab, ab und zu.

Inzwischen möchte ich auf meine Bankdaten zugreifen. Denkste! Auf dem Online-Banking musst dich anmelden mit Kontodaten und Passwort. Dann, ja dann - musst du auf deinem Phone in der Bank-App per Klick bestätigen, dass du auf dein Online-Konto zugreifen möchtest. Aber was machst du, wenn dein Phone eine Leiche ist? Gut, du kannst das auch noch auf dem iPad bestätigen. Was machst du aber, wenn du zuhause bist, dein iPad aber im Garten? Und du hast nur diese beiden? Klar, die App auf das 6-er laden. App-Store, Laden - warten - staunen.„Für diese App benötigen Sie Version 12…. und höher.“ Bäh! Keine Chance, ins Online-Banking zu kommen. 


Man ist so völlig von der Technik abhängig geworden, mit ihr verwachsen, hilflos ausgeliefert, unfähig, um vernünftig zu agieren. Solange alles reibungslos funzt, merkt man das gar nicht. Man klickt und drückt und wischt und nimmt es als selbstverständlich, dass es klackt und rückt und zischt und genau das macht, was man will. Doch dabei merkt man gar nicht, dass du eher machst, was die Technik will.

(Ich hab aber dann doch noch den Zugang ins Onlinebanking geschafft.)


Was bin ich froh, dass ich „nur“ ´nen Wohnwagen im Garten hab. All die (nicht zu verwechseln mit ALDI) Jahre hatte ich weder Heizung noch Gasherd da drin. Gut, bei einem Alter von stolzen 58 Jahren kann man darüber hinwegsehen. Aber ich hab mich auch bewußt dazu entschieden, dort unabhängig zu leben. Zum Beispiel kein Kochen drinnen am „gemütlichen Herd“, sondern draußen bei Wind und Wetter morgens bei 5 Grad über Null erst mal Feuer machen, um das Kaffee-Wasser heiß zu kriegen, nachdem ich drinnen bei auch fast 5 Grad über Null aus dem dicken, warmen Schlafsack gekrochen bin. Brrr!

Inzwischen hab ich einen „Jungspund“, der ist erst 39 Jahre alt und da funktioniert die Heizung bestens. Einen Luxus, den ich mir leiste mit meinen 68 Jahren. Aber mit Sicherheit bleibt dort der Ofen kalt, bis auf wenige Ausnahmen vielleicht. Sonst kann ich gleich daheim bleiben, wenn da noch Wasserkocher, Mikrowelle und wer weiß was sonst noch stünden.


Back to the Basic!

Go To Top