4 January 2024

Der Reihe nach

04.01.2024, Donnerstag


Fliegt ein Mann aus der Kneipe, rappelt sich auf, geht wieder rein. Gleich drauf fliegt er wieder raus, rappelt sich auf, geht wieder rein. Beim dritten mal fragen ihn Passanten: „ Du bist doch auch dumm, warum gehst du denn immer wieder rein?“ Er meint trocken: „Ich muss doch, ich bin der Wirt!“


Da bräuchte man mal paar Wochen Urlaub und frei von der Dialyse nach all dem Stress und bis das alles bissel abgeheilt ist, aber nein, da muss man heute schon gleich wieder hin.


Aber schön der Reihe nach:

Donnerstag, 28.12.2023. Die Dialyse verlief völlig komplikationslos. Alles bestens. Die Taxifahrt danach war ein Desaster - ich musste rückwärts fahren und hab das überhaupt nicht vertragen. Gut, ich hab´s überstanden.

Freitag, 29.12. ein ganz normaler Tag. Zumindest vormittags. Am Nachmittag spüre ich, wie mein Shunt hart ist und schmerzhaft auf Druck reagiert. Kein Schwirren mehr, kein Rauschen mehr. Shunt dicht!

Freitag Nachmittag, vor Silvester, Neujahr und Wochenende! Es wäre kein günstigerer Zeitpunkt möglich gewesen.

Anruf bei meinem Nephrologen - der kümmerte sich um die Anmeldung in der Klinik. Notfalltasche fertig einpacken, ins Auto und zur Notaufnahme gefahren werden.

Ab hier bist du dann in einer anderen Welt. Die heißt „Warten.“ 17:00 Uhr. Warten, bis du dran bist. Warten bis die Ärztin Ultraschall gemacht hat. Warten, bis dir Blut abgenommen wird. Warten, bis die Blutergebnisse da sind. Warten, bis die Ärztin dir die Diagnose erklärt. Nach etwa zwei Stunden weißt du, du hast SARS Covid 2, Influenza A und Influenza B. Das volle Programm. Klar, ich hab mich die Tage vorher ja auch entsprechend gefühlt.


Ab jetzt bist du in Quarantäne. Der Vorteil: Einzelzelle. Das ist dann aber auch der einzige Vorteil. 12 Quadratmeter. 4 davon gehen für die Nasszelle drauf. Nochmal drei für Bett, Nachtschränkchen, kleinen Tisch und Stuhl. Bleiben dir 5 Quadratmeter für ausgedehnte Spaziergänge. 3 Meter hin, drei Meter zurück. Ich durfte ja das Zimmer erstmal nicht verlassen. 


Nach 19:00 Uhr Abendessen. Das sollte die letzte Mahlzeit in den nächsten 24 Stunden sein. Wußte ich da aber noch nicht. „Vielleicht morgen Vormittag um 10 OP, kein Frühstück.“ 


30.12., Samstag. Es wurde 12. „Vielleicht um 16 Uhr OP, kein Mittagessen.“ Es wurde 19 Uhr. „Es sind alle Anästhesisten im Schockraum, Notfälle. Heute keine OP mehr, Sie dürfen essen.“ Der Notfall-Heli kam an dem Nachmittag dreimal kurz hintereinander. Da blieb für mich keine Zeit. Verständlich.


31.12.2023, Sonntag. Kein Frühstück. „Vielleicht um 10 OP!“ Und tatsächlich, kurz vor 10 durfte ich das schicke OP-Hemdchen anziehen und wurde in den OP verfrachtet. OP von 10:30 Uhr bis 12:30 Uhr mit Lokalanästhesie. Du spürst alles, tut aber nicht weh. Ich durfte nicht zuschauen, hatte ne Decke über´m Gesicht. Schade. Ich war so nah dran!

Danach auf´s Zimmer und gleich Mittagessen! Der Rest des Tages bestand wieder aus Warten. Die halben Nächte übrigens auch… Man kann sich ja auch kein besseres Silvester vorstellen, als einsam in einem Klinikzimmer zu liegen… Nein wirklich nicht! Ich durfte dann wenigstens mit Maske auf den Flur. Hab ich auch voll ausgenutzt. Von einem Ende der Klinik bis zum anderen und wieder zurück. Das zieht sich. Knapp 1,5 Kilometer. 

01.01.2024, Montag. Das Neue Jahr beginnt 09:00 Uhr mit Dialyse. Mich tröstet, dass tausende andere Dialysepatienten jetzt auch grad an der Nadel hängen, trotz Neujahr. Oberhalb der OP-Stelle finden beide Nadeln ihren Platz. Es läuft komplikationslos. Nach fast 4 Stunden zurück ins „Wartezimmer“ und „Flurvermessung.“ Vielleicht morgen, Dienstag, nochmal Dialyse. Bis dahin: Warten.


02.01.2024, Dienstag: Ei, meine Werte sind überraschend gut, Dialyse wieder wie gewohnt am Donnerstag in Lich. Ich krieg meine Entlassungspapiere, darf mich anziehen und aufs Taxi warten. So schnell kann´s gehen.


Und hier hätte ich mir die Pause gewünscht. „Komm in vier Wochen wieder, wenn alles bissel verheilt und beruhigt ist. Ruh dich von den zwei vergangenen Wochen Krankheitsstress aus und dass du da 4,5 kg abgenommen hast. Und wenn du dich wieder aufgepäppelt hast, ruf mal an, ob du wiederkommen sollst.“



War mir aber nicht vergönnt...


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