Aber doch nicht so!

Freitag bis Sonntag


Es ist auszuhalten hier. Die Schmerzen haben inzwischen auch nachgelassen. 


Aber mal schön der Reihe nach:

Von wegen so einfach: „Ab jetzt die nächsten Jahre wieder mit stumpfen Nadeln leben können.“ 

Die beiden stumpfen Nadeln gingen ziemlich gut rein. Wie erwartet. Was wir nicht erwartet haben, war, dass kein Blut lief. Nadeln verstopft. Also neue Nadeln und nochmal stechen. Jetzt gehen sie wie flutsch rein. Kein Wunder, die Kanäle waren ja noch offen. Was fehlt, ist, dass das Blut kommt. Stunt wird abgetastet und mit Stethoskop abgehört: Der Stunt ist verschlossen. Dicht. Verstopft. Kein Blut fließt da mehr durch. Kritisch ist der Kaliumwert von wieder 6,6. Es sollte also schnell gehandelt werden!

Na toll!

Bedeutet: Keine Dialyse möglich, heute Nacht noch ab in die Klinik, Shunt per OP wieder öffnen - falls möglich. Ansonsten? Keine Ahnung. Sowas hatte ich noch nicht in meinem Erfahrungsschatz. Das Problem dabei: Es ist Wochenende, die Ärztin, die das machen kann, ist erst Montag wieder da. Und jetzt ist Freitag.


Aber wieder der Reihe nach:

Dialyse beenden, mit Taxi nach Hause, Tasche packen, mit Taxi in die Uniklinik, Notaufnahme, Überwachung. Hab zweimal was zu Trinken bekommen, das riecht angenehm nach Vanille, schmeckt wie eingeschlafene Füße und hat die Konsistenz von verdünnter Gartenerde. Das senkt das Kalium (wenigstens eine gute Eigenschaft). 5,6. Immer noch am obren Limit. 

Samstag Morgen dann zur Dialyse. Ja, aber nicht so einfach zwei Nadeln rein und los geht’s. Erst wird ein Katheder ins Bein in die Leiste gelegt, ca. 30 cm lang, 5 mm dick. Klingt einfach, tut weh. Besonders, wenn es nicht richtig liegen will da drin. Hin- und Herdrehen, Heraus- und Hineinschieben, so ähnlich wie ich früher meine Tabakspfeife mit einem Pfeifenputzer sauber gemacht habe. Nur halt schmerzhafter. Und dann läuft auch hier das Blut nicht richtig. Deshalb diese Pfeifenputzer-Bewegungen. Nach drei Stunden Abbruch, Katheter wieder raus - aua. Ein Pflaster drauf, das so groß ist wie ein halbes Fußballfeld, mindestens. Doch wenigstens ist das Kalium auf 4,6 gesunken. Damit könnte ich übers Wochenende ohne Dialyse kommen. 

Ab auf die Station 2.2, Nephrologie, Zimmer 214. Ich kann mein rechtes Bein so gut wie gar nicht bewegen, ohne stechenden Schmerz. Gut, bleib ich also so gut es geht, ruhig liegen. Ich muss ja auch nicht unbedingt herumhampeln. Darf es auch nicht.

Nach etwa drei Stunden dieser Ruheverordnung bin ich dann zum ersten Mal aufgestanden. Gaaanz langsam, gaaanz vorsichtig. Es hat funktioniert. 


Jetzt, inzwischen Sonntag Vormittag, 10:20 Uhr, sitze ich hier am Mac und versuche, die zeitliche Reihenfolge nicht durcheinander zu bringen. Es ist im Allgemeinen auszuhalten hier. Die Situation ist erträglich. Wie es weitergeht? Die Ärztin hat mir vorhin Blut abgenommen (über den Handrücken!), um besonders das Kalium zu prüfen. Sollte ich nichts mehr von ihr hören, wäre alles in Ordnung und sie zufrieden. Ich hab nichts mehr von ihr gehört, also ist alles in Ordnung und sie zufrieden.


Nun, dann bin ich es eben auch.

Go To Top